Am „Mittelpunkt“ Dänemarks

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Das (eine) Wahrzeichen von Middelfart: Die alte Brücke über den Kleinen Belt

Und wieder waren wir am Anfang. Wir waren gespannt, wie es uns hier ergehen würde, ob wir den erhofften, besseren Kontakt und mehr Nähe zwischen den Leuten finden würden. Wir freuten uns auf die andere Landschaft mit mehr Grün (naja, im Winter nicht ganz so 😉 ) und Landschaft zum Erwandern und Erlaufen.

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Und ja, natürlich war da die Hoffnung, den „Traumjob“ mit herausfordernden Aufgaben, unterstützenden Firmenstrukturen und netten Kollegen zu finden. Der sollte schließlich auch die materielle Grundlage schaffen, um dieses schöne Land wirklich genießen zu können und die tollen Sachen, die man auch hier häufig leider nur für Geld bekommen kann, nutzen zu können und den nächsten Schritt zur „Danisierung“ zu gehen.

Unser Start hier in Middelfart war – wie beim letzten Mal angedeutet – anders als in Kopenhagen. Hier hatten wir von vornherein keine möblierte Bleibe, sondern nach deutlich über einem Jahr in Hotels, Motels, Hostels, Campervans, Gästezimmern und Ferienwohnungen eine richtig eigene Wohnung. Da wir erst mal mit unseren Rucksäcken und einem PKW voll Sachen hergekommen sind, war die Umstellung nicht ganz so krass 😬.

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Ansonsten hat es aber prima funktioniert. Wir sind zu unseren Nachbarn hingegangen, wenn wir jemanden gesehen haben und haben gleich mal einen guten Eindruck gemacht 😁. Alle haben gleich angeboten, Möbel und Lampen zu borgen und waren ganz besorgt, dass wir auf dem Fußboden sitzen müssen… Die Lampen haben wir gerne genommen, bei Tischen und Stühlen waren wir standhaft und haben erklärt, dass wir das so ganz schick finden. Ich weiß nicht, ob es alle geglaubt haben; jedenfalls haben sie irgendwann aufgegeben und wir konnten gemütlich unten sitzen bleiben.

Dann kam auch bald der Umzug: die Wohnung füllte sich mit unseren Dingen aus dem Lagerraum in Lippersdorf, neue IKEA-Möbel kamen dazu und irgendwann trudelte das bestellte Sofa ein. Inzwischen fallen uns auch wieder kleine Unzulänglichkeiten auf – aber generell ist das schon toll!

Unsere nächste Hoffnung  – bessere Kontakte – hat sich auch erfüllt. Unsere etwas konservative Annahme, dass man da in Nordeuropa andere Maßstäbe anlegen muss als in Australien oder Neuseeland, allerdings ebenfalls.
Das heißt, man sollte gewisse Etikette beachten. Die Nachbarn zu einem Kaffe einladen, ist unverfänglich, und das kann man ohne weiteres tun. Bei einer Einladung zum Abend bekommt man normalerweise eine Absage, weil man sowas nur mit guten Freunden macht, d.h. nach einer ausreichenden Anzahl von unverbindlichen Kaffees und zusätzlich einem besonderen Anlass.
Das Gute ist: wenn man auf die Leute zugeht und danach fragt, bekommt man das auch erklärt. Dann muss man sich eben noch daran halten.
Jedenfalls sind wir  – angesichts der Tatsache, dass wir jetzt noch nicht mal 4 Monate hier wohnen – sehr zufrieden!

Unser Nachbar Peter kam beim Einzug ungefragt raus und hat mit uns den ganzen Laster aus- und die Wohnung eingeräumt, seine Anne-Mette hat uns letztens zu Kaffee und Boller (alles was brötchenähnlich aussieht – kann auch Rosinen und Schokolade enthalten) eingeladen und sogar schon ein Ei geborgt (das ist auch ein seeehr gutes Zeichen!). Bei Simon und Bodil von gegenüber waren wir auch schon mehrfach und Simon hat Sylvia mit ihrer dänischen (!) Bewerbung geholfen. Unserer Einladung zum Einzugskaffee mit Schkoladenkuchen sind 5 Familien gefolgt und auch alle anderen sind richtig freundlich – kurz gesagt: alles ganz schick soweit!

Ähnlich sieht es im Ort aus. Jeden ersten Freitag im Monat gibt es ein „Zuzüglertreffen“ im Cafè Razz, die städtische Zuzüglerbeauftragte Anne-Marie ist bei Fragen immer erreichbar und wir lernen in der Sprachschule viele interessante Leute aus verschiedenen Ländern kennen, mit denen wir uns auch so mal treffen wollen bzw. schon haben. Wir sind auch mit dem Bürgermeister auf LinkedIn verbunden, weil wir ihn auf der Wahlveranstaltung einfach wegen unserer Fragen und Sorgen angesprochen haben. In dieser Beziehung läuft sozusagen auch alles prima. Und es warten ‚zig interessante Vereine auf uns, um ganz und gar anzukommen.

Die Stadt selbst gefällt uns richtig gut. Neben der tollen Lage auf einer Halbinsel mit Wasser auf 2 Seiten (😉 – d.h. jeweils in wenigen Minuten von uns aus zu Fuß zu erreichen) und den beiden Brücken über den Kleinen Belt als Wahrzeichen gibt es eigentlich alles, was man sich an städtischen Einrichtungen so wünscht: Stadtzentrum mit Fußgängerzone und vielen Läden und etlichen Restaurants, diverse Kaufhallen, 3 Museen, ein alter Hafen mit Ausflugsschiffen (im Sommer…) und Fischladen, eine große Sporthalle, Bowling, Golfbahn, ‚zig Sportvereine, Bahnhof und natürlich die schicke Kulturinsel mit Cafè, Tourist-Info, modernem Kino, Veranstaltungsräumen und einer tollen Bibliothek. Ja, und ein kleines Schloß mit Tierpark gibt es auch in Fußgängerentfernung.

Zu Middelfahrt gehört der kleine Ort Strib am Ausgang des Kleinen Belt. Dort gibt es auch Meer, das wie Meer aussieht, d.h. man kann in Richtung Norwegen gucken, sieht aber kein Ufer.

Dazu kommen Theater, Botanischer Garten, noch viel mehr Läden und Kneipen, große Einkaufszentren und mehr Sehenswürdigkeiten innerhalb von 30 Minuten Autofahrt in Kolding und der größeren „Schwesterstadt“ von Middelfahrt, Fredericia.

Die Lage ist sozusagen ziemlich perfekt, wenn man nicht gerade mitten im Trubel der Großstadt leben möchte. Es gibt auch viele, viele gut gehende Firmen, die im Verbeifahren alle toll aussehen. Unsere Hoffnungen, auch in einer dieser Firmen regelmäßig ein- und ausgehen zu können, haben sich aber leider nicht erfüllt.
Wir sind nach intensiver Recherche und einer ganzen Reihe von Bewerbungen zu der Erkenntnis gekommen, dass das wohl doch nicht die Region ist, in der es einen Job als Anforderungsanalyst in einer Firma mit Firmensprache „englisch“ gibt.
Die meisten Firmen sind entweder doch nicht sooo groß oder aber weniger IT-lastig und dafür Produktionsbetriebe in anderen Branchen. Da war schon etwas Phantasie nötig, aber trotzdem hatte ich eine ganze Reihe Bewerbungen abgeschickt. Sylvia war auch fleißig und hatte (auf dänisch!) Bewerbungen für verschiedene sprach- und kommunikationslastige Jobs abgeschickt.

Nebenbei haben wir immer mal schöne Ausflüge unternommen – es gibt viel zu sehen in der Umgebung!
Zum Beispiel zu unsem geliebten Vesterhavet (Nordsee): nach einer Stunde 15 Minuten Fahrt biegen wir mit dem Auto auf den Strand ein.

Ausflug zur dänischen Geschichte 1: Jellinge, wo der erste gesamt-dänische König Harald Blauzahn im Jahr 965 eine Art Burg hatte und das erste Mal das Wort „Dänemark“ in einen Gedenkstein hat meißeln lassen – einen der beiden „Jellinge-Steine“. Inklusive des kostenlosen, aber beeindruckenden und sehr guten Museums absolut sehenswert!

Ausflug zur dänischen Geschichte 2: Christiansfeld. Eine von der Herrnhuter Glaubensgemeinschaft in Dänemark planmäßig angelegte Stadt. Heute sind viele Gebäude privat, aber die (kleine) Stadt ist immer noch stark durch die Herrnhuter geprägt. Z.B. auch durch traditionelles und für Dänemark total spektakuläres Handwerk wie Kachelofenbau, Pfefferkuchenbäckerei und Herrnhuter Sterne (jaja, genau wie in der Lausitz!).

Bis Weihnachten gab es nun die Situation, dass in der Region alle Absagen rein waren – mit Ausnahme einer Initiativbewerbung mit Nachtelefonieren. Da gibt es noch Hoffnung, aber das kann „eventuell im März oder April“ weitergehen – leider nichts, warauf man sich verlassen kann.
Also war der Entschluss, trotz obiger Vorteile doch wieder auf die „richtigen“ Annoncen im Raum Kopenhagen und Südschweden zu schreiben. Das wäre ja zumindest noch hier in der Nähe.
Für Sylvia gibt’s nämlich noch Hoffnung: eine Möglichkeit, in eine sich entwickelnde Rolle als Tourist-Guide in Fredericia einzusteigen – wobei das in 2-3 Jahren vielleicht ein Nebenjob werden kann. Aber man trifft Leute und ein persönliches Netzwerk ist in Dänemark das A und O.
Und dann gibt es die Ankündigung in der Volkshochschule, dass 4 Deutsch-Kurse mit ihr angeboten werden. Das wäre tatsächlich was Greifbares, was sich allerdings auch noch etwas ausweiten müsste – aber auch könnte.
So ging es also mit gemischten Erfolgen und entsprechenden Gefühlen zum „Weihnachtsurlaub“ ins Erzgebirge, nach Dresden und Chemnitz… In der Zeit wollte auch der Entschluss für die neuen Bewerbungen noch mal im Kopf gewälzt werden, denn der bedeutete, dass wir in absehbarer Zeit wieder umziehen müssten – weg von der Gegend, die uns ja gefällt und in der wir nun doch die ersten kleinen Erfolge im „Ankommen“ erreicht hatten.
Zwischendurch war aber Weihnachten mit Familie und (leider wieder nur einigen…) Freunden. Aber es kommen alle mal dran – und wir sind auch froh, dass es so viele sind und der Durchlauf eben dauert.

Zum Jahreswechsel waren wir schon wieder hier. Das Wälzen der Idee des erneuten Umzugs hat auch nichts Neues gebracht und so habe ich die oben genannten Bewerbungen pünktlich abgeschickt. Dann gab es einen ruhigen Silvesterabend. Wenn man von dem eindruckvollen Feuerwerk der Dänen absieht, denn hier wird enorm viel in die Luft gepustet. Es gibt Feuerwerksbatterien zu kaufen, die die Leute dann zu zweit in die Mitte der Straße tragen! Dafür sieht das richtig toll aus.

Das ist jetzt ein guter Punkt, um diesen Abschnitt zu beenden – mal sehen, wie es weitergeht mit uns…

6 Gedanken zu “Am „Mittelpunkt“ Dänemarks”

  1. Hallo ihr zwei,
    hab schon sehnsüchtig auf einen neuen Beitrag von euch gewartet, toller Bericht, bitte weitermachen! 🙂
    Viel Erfolg bei der Jobsuche, wir drücken euch alle Daumen.

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  2. Endlich geht der Blog weiter. Auch wir denken an euch und hoffen , dass euch bald Erfolge bei der Jobsuche beschieden sind. ☺ Seid ganz lieb gegrüsst.

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